14. Oktober 2024
1 3d render of chessplayer who is angry with himself because repeatedly losing, tears in his eyes

Ein mageres 4:4 gegen Bad Homburg, 5:3 gegen Oberursel verloren – so liest sich die unbefriedigende Bilanz dieses Wochenendes. Die Champagnerluft der Kurstadt hat uns letztes Jahr noch beflügelt, diesmal beschert sie uns eher einen dicken Kopf. Ok, die Niederlage gegen Oberursel kann man verschmerzen, deren Mannschaft spielt um den Aufstieg. Aber gegen Tabellennachbar Bad Homburg hatten wir uns mehr versprochen und müssen am Ende dankbar für ein 4:4 sein…

Gegen Oberursel ist am Samstag wenig drin. Wir haben fast überall deutliche Elo-Nachteile. Vorne halten wir gut mit, aber Oberursel punktet hinten:  

Der Wettkampf beginnt kurios. Der Schiedsrichter kommt erst 5 Minuten vor Rundenbeginn, nimmt seine Aufgabe dafür aber sehr ernst. Ungläubiges Staunen, als die ersten Spieler mit einem Handscanner auf verborgene unerlaubte Hilfsmittel durchsucht werden – glaubten wir doch in der Oberliga Ost zu spielen und nicht der ersten Runde der Schachweltmeisterschaft beizuwohnen. Ja, und die anschließende Aufforderung, sich jeglicher elektronischer Gegenstände einschließlich Autoschlüsseln und batteriebetriebener Uhren zu entledigen, löst endgültig kollektive Heiterkeit aus. 

Aber dann wird Schach gespielt… 

Es geht eigentlich ganz gut los. In meiner Partie IM Boris Margolin kommt eine Sizilianisch-Variante aufs Brett, von der ich nur noch düstere Erinnerungen aus Ende der 90ger Jahre habe. Aber Boris spielt es etwas zu verhalten und so bekomme ich schnell Gegenspiel. Es wird einiges getauscht und dann steht absolut ausgeglichenes Turmendspiel auf dem Brett, welches wir beide nicht weiterspielen wollen. Remis. 

Neben mir lässt Sergey es krachen. Nachdem er zuletzt mit seinem Schach ziemlich gehadert hat, schafft er diesmal gegen IM Axel Heinz den Befreiungsschlag. Mit Weiß kommt das eigentlich harmlose Vierspringerspiel aufs Brett, aber Heinz spielt einen ziemlich gekünstelten Aufbau und gerät schnell am Königsflügel unter Druck. Sergey massiert dort seine Figuren und binnen weniger Züge bricht die schwarze Stellung wie ein Kartenhaus zusammen. Am Schluss gewinnt Sergey mit einer kleinen Kombination einen Turm – game over. Starke Leistung!

Es soll unsere einzige Führung in diesem Wettkampf bleiben. Michael Schäfer kommt gegen das Lf4-Damengambit gut aus der Eröffnung, kann sich dann aber nicht entscheiden, welchen von mehreren aussichtsreichen Plänen er verfolgen soll. Also macht er so lange indifferente Züge, bis sein Gegner ihn am Damenflügel völlig blockiert hat. Michael ärgert sich darüber selbst am meisten… 

Heiko steht gegen IM Dubiel mit Schwarz ausgangs der Eröffnung in einer seltenen Sizilianisch-Variante nach meinem Eindruck gut, aber in beiderseitiger Zeitnot übersieht er ein weißes Manöver, nachdem ein wichtiger Stützbauer ersatzlos wegfliegt. Anschließend finden die schwarzen Figuren keinen Halt mehr und das Ding geht leider um. 

Ja, und Peter Klings spielt eine interessante Partie gegen Robert Schlamp, in der er lange sehr ordentlich steht. Aber dann übersieht Peter, dass Schlamp mit seinen Türmen in die weiße Stellung eindringen und ein ekliges Mattnetz knüpfen kann. 

Damit ist der Kampf gelaufen. Peter Dittmar und Samuel Weber beharken sich lange um kleine Vorteile, bis in einem Turmendspiel keine Seite mehr ohne hohes Risiko Gewinnversuche machen kann – remis. Paulus kämpft lange um den Sieg, aber nach mehr als 5 Stunden muss er ins remis einwilligen, weil er nur mit Verlustrisiko weiterspielen kann. 

Und Vitaly? Der spielt eine vollkommen irre Partie. Irgendwann hat er eine Figur weniger, dafür aber Tausend verschiedene taktische Drohungen. Ich wäre da sofort zusammengebrochen… Aber die junge ukrainische Meisterin leistet heftigen Widerstand, und gerade als es scheint, dass Vitaly einen Gewinn hat, findet sie eine taktische Ressource, nach der sich die Stellung ins Remis abwickelt. 

Ok, Mund abwischen, der Sonntag wird besser. 

Na ja, wenigstens ein wenig. 

Ein 4:4, über das wir nicht meckern dürfen. Wir gehen zwar schnell in Führung, weil Vitaly mit Behrang Sadeghi kurzen Prozess macht, indem er ihm erst einen Bauern und dann die Stellung wegnimmt. Aber danach läuft nicht mehr viel zusammen. Peter Klings hat schon nach der Eröffnung eine Bauchlagestellung und sein Gegner zieht das ziemlich überzeugend durch – 1:1. Michael und Ralf Dunsbach machen im Grünfeld schnell Remis. Heiko auch, aber er hat keine Wahl, denn Walter Schmidt bietet in besserer Stellung remis an, was selbst Heiko nicht ablehnen kann. Peter Dittmar spielt irgendwie unentschlossen und gerät am Königsflügel unter Druck, findet aber eine nette Ressource, wonach sein Gegner Dauerschach geben muss. Sergey macht auch remis, ich weiß nicht genau wie, weil ich gerade selbst im Stress bin. 

Damit laufen noch zwei Partien und es sieht nicht gut aus. Paulus hat früh eine Qualität verloren und verwaltet ein hoffnungsloses Endspiel, in dem sukzessive noch weitere Bauern von Bord gehen. Und ich habe meinen Eröffnungsvorteil gegen eine leicht schlechtere Mittelspielstellung eingetauscht und beginne mit Fummelschach. 

Dann passiert fast noch ein Wunder: Paulus hat seinen Gegner durch sein Weiterspielen derart genervt, dass auf einmal Gegenspiel in Form eines Freibauer auftaucht. Kurz sieht es so aus, als wenn sich Paulus doch noch retten kann. Aber heute soll es nicht sein… Weiß kann Material zurückgeben und gewinnt mit zwei Bauern gegen einen Springer. Die erste Niederlage unseres Topscorers in dieser Saison. 

Also muss ich meine Partie gewinnen, um wenigstens ein 4:4 zu retten. Was ich nach 6 Stunden tatsächlich schaffe und meine Remisseuche beende. Mit reichlich Glück, denn mein Gegner gelingt es, eine tote Remisstellung noch zu verlieren. 

Und so sind wir leider weiter in ernster Abstiegsgefahr: 

Wenn es ganz dumm läuft, kommt es zu einem Showdown gegen Schöneck und wenn wir verlieren geht’s in die Hessenliga. Keine gute Perspektive. 

Tabellenführer sind übrigens ziemlich sensationell unsere Schachfreunde aus Gernsheim. Beide Topteams aus Wiesbaden und Oberursel haben am Sonntag Federn gelassen und so stehen die netten Jungs und Mädels aus Gernsheim auf einmal in der Sonne. Ich würde ihnen den Aufstieg gönnen…  

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